Gestern hörte ich bei Franzi Hardenberg etwas zu der Idee des zweckgebundenen Elterngeldes und das hat mich zum Nachdenken gebracht. Können angestellte Frauen besser Elternzeit nehmen als Selbstständige? Oder wer kann überhaupt Elternzeit nehmen? Angestellt wie Selbstständigkeit – ich glaube Elternzeit ist leider immer noch ein Luxus, den sich viele Frauen leider nicht leisten können.
Ich bin selbstständig, ich kenne viele selbständige Frauen und ich kenne KEINE, die Elternzeit genommen hat. Komisch, oder? Nein, leider nicht. Auf deutsch gesagt können sich selbstständige Frauen Elternzeit im Normalfall nicht leisten. Denn wer kann schon sein Unternehmen ein Jahr lang brach liegen lassen. Genau, niemand. Also jemanden einstellen? Geht ja auch nur bedingt. Das kostet und das Geld dafür kriegt man leider von niemanden wieder – schon gar nicht vom Elterngeld, denn das darf man dann schön zurückzahlen, wenn das Unternehmen Gewinnen einfährt. Aber das eigene Unternehmen ein ganzes Jahr lang zu verlassen, dass machen ja nun wahrscheinlich ohnehin die wenigsten Selbstständigen. Also für die Zeit in dem man arbeitet einen Kinderbetreuung kommen lassen? Ja, das kostetet. Das Elterngeld darf ich dafür leider auch nicht einsetzen.
Aber haben es angestellte Frauen wirklich besser? Als ich diese Zeilen so schrieb, dachte ich daran, als ich mein zweites Kind bekam. Was ich auf keinen Fall wollte, war EINE ZWEITE ELTERNZEIT in meinem Lebenslauf. Die erste war nämlich eigentlich schon ein No Go und ich Wahnsinnige damals soooo dankbar, dass man mir überhaupt noch einen verantwortungsvollen Job gab als MUTTER. ZWEIFACHE Mutter, da war ich mir sicher, wäre definitiv das Ende meiner beruflichen Laufbahn. Aber vielleicht von vorne. Ich habe nach meinem BWL Studium, für das ich mir bereits das Futter aus der Hose rannte mit Prädikatsexamnen und natürlich Auslandserfahrung (denn anders kriegte man vermeintlich gar keinen Job), den klassischen Karriereweg gewählt. Und so war ich schon mit 28 Jahren Marketing Leiterin Deutschland. So mit Mitte 30 einen Mittelständler leiten, das war eigentlich mein erklärtes Karriereziel. Und natürlich ordentlich Asche verdienen. Komischerweise waren alle Leitungsfunktionen in den Unternehmen, in denen ich arbeitete entweder von Männer besetzt, oder von Frauen die keine Kinder hatten. Diese Frauen hatten auch gute Tipps auf Lager wie man sich als Zwitter oder doch Frau? in der Wirtschaft verhielt. Das fängt an über möglichst unauffällig gewähltes Auftreten. Gut sind hier Hosenanzug und besser kein Nagellack oder Lippenstift. Aber auch Verhalten ist natürlich wichtig. Sprich nach dem Kongress umbedingt ein Getränk mit den Herren am Tresen nehmen – aber dann husch, husch ins Bettchen. Man ist ja schließlich eine anständige Frau und nicht, dass einem noch was nachgesagt wird…. Ja, traurig.
Dann kam nach langem Warten endlich mein erstes Kind. Ehrlicherweise waren wir uns lange nicht sicher ob es überhaupt klappt und ich mir dann dafür umso sicherer, dass ich auf jeden Fall ein Jahr zuhause bleiben wollte. Das neue Unternehmen wollte mich als Marketing Manager nach 8 Monaten, ich handelte nach 11 raus und dachte irrwitzigerweise ich könnte auch als Mutter was werden. Eigentlich hätte ich es früher wissen müssen, denn auch in den skandinavischen Unternehmen in denen ich gearbeitet habe, hatte alle meinen Chefs die klassische Rollenaufteilung: Die Männer das Geld, ihre Frauen die Kinder zuhause. Als mein zweites Kind unterwegs war, war für mich also eins klar: dieses kommt nicht in meinen Lebenslauf. Zuvuel Weiblichkeit kommt nicht gut an. Ich machte also noch im Mutterschutz Fortbildungen, war zur Betriebswirtin mittlerweile Social Media Managerin und Coach. Beratung war das Ziel. In diesem ersten Jahr mit zwei Kindern, in dem ich vermeintlich zuhause blieb, arbeitete ich an ersten Projekten, meinem Businessplan und ja, dafür bezahlte ich eine Babysitterin – von meinem Elterngeld. Heimlich quasi.
Ich habe mein Unternehmen im Juli 2016 offiziell gegründet. Seinerzeit noch komplett als Marketing und Social Media Beraterin und den Blog, dem wollte ich eigentlich dazu machen. Jetzt, im Februar 2020 lebe ich fast ausschliesslich von SarahPlusDrei. Meine Umsätze liegen weit über dem, was ich als Marketing Managerin jemals verdient habe. Mit Mitte 30 war ich also Geschäftsführerin. Zwar von einem kleinen, aber profitablen Unternehmen. Das was ich jetzt mache, mache ich bestimmt nicht immer. Ich suche gerade neuen Ideen, probiere aus. Will ich Produkte vertreiben oder doch Beratungsleistung? Ich will selbstbestimmt und erfolgreich arbeiten und dabei Frau und Mama bleiben. Was ich auf jeden Fall nicht möchte, ist jemals wieder in eine Anstellung zu gehen, in der ich mich dafür verteidigen muss eine Frau zu sein. In der ich mehr machen muss, um gesehen zu werden, als Männer oder Frauen ohne Kinder.
Ob meine Geschichte ein Einzelfall ist? Ich glaube nicht. Ich kenne genug Frauen aus der Wirtschaft, denen den ähnlich ging. Aber genauso aus der Wissenschaft. Ein Jahr Elternzeit? Nein, das können sich sehr viele Frauen nicht leisten. Das ist leider Luxus. Und nein, dass ist kein Problem, dass uns die Männer aufdrücken. In der Wirtschaft, wie in der Wissenschaft, haben Chefinnen ihren Mitarbeiterinnen gesagt, das ein Jahr Elternzeit wohl das Ende des beruflichen Karriereweg ist.
Also eine Auflockerung der Verteilung des Elterngeldes? Ich wäre voll und ganz dafür! Was wäre es für ein Traum, wenn Frauen wirklich entscheiden könnten was sie möchten?