Eltern, Selbstständige, Gleichberechtigte, Reisende, Streitende, Liebende – unser 2018

Es ist 2019. Irgendwie immer noch ein bisschen “Die Tage zwischen den Jahren”-Gefühl hier. Zwar ist Silvester vorbei, aber wir haben noch Weihnachtsferien und ich zum ersten Mal so wirklich Urlaub gemacht. Das tat unheimlich gut!!! Viele von euch werden jetzt wahrscheinlich denken “Urlaub? Aber die reisen doch das ganze Jahr in der Weltgeschichte herum”. Ja, wir reisen und wir sind beide selbstständig. In dieser Intensität und Kombination erst seit dem jetzt letzten Jahr. 2018. Wie war das überhaupt?

Zweimal selbstständig gleich doppeltes Risiko

Wir hatten zu Beginn des Jahres eine ziemlich schwerwiegende Entscheidung getroffen. Mein Mann Stefan hat sich ebenfalls selbstständig gemacht. Er ist ITler, hatte hier in Münster einen neuen Job angefangen. Der war aber auf deutsch gesagt nichts. Neue Stadt, neues Haus und zack ist der Job nix? Ich sage euch, ich habe nicht nur einmal daran gedacht wieder nach Hamburg zu gehen. Dort hatte ich mich schon Anfang 2015 selbstständig gemacht. Erstmal eigentlich nur um die Elternzeit zu überbrücken. Vorher habe ich lange als Marketing Managerin und -Leiterin in der Medizintechnik gearbeitet. Nicht gerade der Bereich, wo man gerne “Elternzeit” im Lebenslauf liest.

Als Social Media Managerin lief der Blog und alles drumherum bald wirklich sehr gut, kein Gedanke mehr daran in meinen alten Bereich zurückzukehren, aber natürlich auch mit der Sicherheit im Rücken, dass Stefan ja in jedem Fall monatlich ein gutes, festes Gehalt nach Hause bringt. Er war ewig lange bei seiner alten Agentur, es hat ihm Spaß gemacht und er hatte auch die Freiheit als Papa für die Kids da zu sein. Dass sowas leider nicht so sein muss, merkten wir dann hier.

Und jetzt, wieder in eine neue Anstellung gehen? Sich beweisen, sich einen Namen machen in einem neuen Unternehmen? Viele Stunden unterwegs sein? Arbeiten im mittleren Management heißt nämlich auch oft, dass 40 Stunden eher so etwas ist, was auf dem Papier steht. Dass das praktisch auch heißen kann, seine Kinder morgens und abends nicht zu sehen.

Ich habe meinen Mann gefragt, ob er das ehrlich möchte. Habe ihm gesagt, dass unsere Tochter in 1,5 Jahren zur Schule gehen wird. Dass die Kinder uns eine begrenzte Zeit so intensiv brauchen und ob auch er diese anders nutzen möchte. Ja, das habe ich ihn auch in Hamburg öfter gefragt, aber natürlich sieht eine Selbstständigkeit im IT-Bereich in einer Großstadt doch ziemlich anders aus als hier. Aber im Mut machen war ich eigentlich schon immer ganz gut, im Mut haben nicht ganz so, aber 2015 war es Stefan, der mich beim Thema Selbstständigkeit sehr unterstützt hat. Jetzt war ich dran. Mehr Zeit für die Familie, auch für Papa – aber wie soll das gehen? Unsere Entscheidung

Wenn beide für das Haushaltseinkommen verantwortlich sind – gelebte Gleichberechtigung

Es gibt Selbstständigkeiten, da musst du erstmal eine Menge investieren und es gibt die, da brauchst du einfach nur einen Rechner und ein Handy. Wir gehören Gott sein Dank zu letzteren. Trotzdem muss eine Selbstständigkeit natürlich erst einmal anlaufen. Klar war uns beiden bei der Entscheidung zur Selbstständigkeit, dass ich nun mindestens die Hälfte zu unserem Haushalteinkommen beitragen musste. Falls es am Anfang nicht so laufen sollte, auch mal alles. Das ging Gott sei Dank. Das ging auch deshalb, weil Stefan mich immer in meiner Selbstständigkeit unterstützt hat. Er kümmert sich bis heute größtenteils um die Buchhaltung, ist mein technischer Support, Fotograf, Seelentröster.

Ja, ohne ihn hätte ich das nicht gewuppt. Auf der anderen Seite war uns beiden auch klar, dass, wenn er Aufträge bekommt, die nicht vor Ort sein sollten, ich wohl vielleicht teilweise über Monate die Kinder unter der Woche allein betreuen müsste. Selbstständigkeit ist eben auftragsabhängig. Und wenn in einer Familie beide selbstständig sind, dann müssen sie sich gegenseitig den Rücken frei halten. Es lief bei Stefan aber Gott sei Dank super an. Auch haben wir bisher das größte Glück gehabt, dass sich alles hier im Umfeld bewegt, er also nicht für längeren Zeiträume in anderen Städten arbeitet. Was bei beiden bleibt: wir sind in gleichen Teilen für die Familie verantwortlich. Wir stehen beruflich beide auf eigenen Beinen. Das nennt man wohl gelebte Gleichberechtigung.

Die Tücken, wenn beide alles machen – wer ist hier eigentlich verantwortlich?

Wer jetzt bei dem Absatz zuvor dachte “Uih, genau das wünsche ich mir auch!” oder “Und mein Mann kommt immer erst spät nach Hause und ich mache hier den ganzen Haushalt!”, dem kann ich sagen: Oben genanntes Rollenmodell bedeutet lange nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Es bedeutet vor allem eins: Unheimlich viel Abstimmung! Und da sind wir bisher eher schlecht drin. Wer bringt heute die Kinder? Wer holt ab? Wer arbeitet wann? Wer ist wann beruflich unterwegs? Das ist unsere ganz große Baustelle, die wir aus 2018 mitnehmen.

Und ja, da ist eine klare Aufteilung oder ein Rollenmodell im Alltag oft viel einfacher. Ob ich das deshalb möchte? Auf GAR KEINEN Fall. Auch wenn hier oft mal die Fetzen fliegen – und ja, das tun sie – will ich meinen Kindern kein veraltetes Vater-Mutter-Kind Modell vorleben. Ich will, dass meine Tochter ganz genauso wie mein Sohn sieht, dass Mama und Papa erwerbstätig sind und Haushalt machen zu gleichen Teilen. Ich will für mich mein eigenes Geld verdienen. Unabhängig bleiben. Um ehrlich zu sein, macht das für mich persönlich sogar eine gute Beziehung aus: Dass ich mich jeden Tag frei entscheiden kann zu gehen oder zu bleiben. Dass ich nicht bleibe wegen finanzieller Abhängigkeiten und Verpflichtungen, sondern ganz allein, weil ich es möchte.

Das sieht bei euch immer alles so harmonisch aus – die Welt hinter der rosaroten Wolke

Kurz: Ist es nicht! Was auf den ersten Blick wie eine immer lustige Beziehung wirkt, wie ein gleichberechtigter Alltag, der immer wieder durch wahnsinnig tolle Urlaube unterbrochen wird, ist im Alltag vor allem eines: Eine ganze Menge Arbeit und auch Stress. Und wenn es hier stressig wird, dann streiten wir auch auch und das leider nicht zu knapp.

Ja, wir haben das letzte Jahr genutzt. Vieles, was wir uns Anfang des Jahres durch die Selbständigkeit erhofft haben, ist eingetreten. Wir waren insgesamt gleich mehrere Monate unterwegs. Wir haben insgesamt 10 Länder besucht, haben uns große Träume wie Australien und Malediven erfüllt. Ich will den Januar nutzen, um einen Reise-Throwback 2018 zu machen. Bestimmt auch um mir noch einmal klar zu machen, was wir alles erlebt haben. Denn das war unheimlich viel. Es war der Hammer. Es war unglaublich toll!

Wir haben 2018 aber auch unheimlich viel gearbeitet. Sind weit über unseren Erwartungen geblieben. Wie das funktionieren kann? Unsere Reisen sind dann auch häufig weniger Urlaube. Gerade auf unserer letzten Reise haben wir besonders in Sri Lanka oft beide so viel gearbeitet, dass wir wenig wirklichen Urlaub zusammen gemacht haben. Das soll sich ganz klar ändern. Lieber weniger lang unterwegs, dafür als wirklichen Urlaub. Das bezieht sich auch auf den Social Media Konsum. Zwar bin ich natürlich genau in diesem Bereich tätig, aber auch da ist ein Urlaub, ein Abschalten mal so wichtig. Die Weihnachtsferien habe ich da so richtig genossen.

Ja, 2018 war in allen Richtungen intensiv und wir haben eine Menge dazugelernt. Über uns, darüber wie wir leben wollen. Ja, wir brauchen Freiheiten, aber eben auch Strukturen. Das bedarf einer feinen Abstimmung. Es bedarf klarer Abgrenzung. Jetzt liegt es daran, dass Gelernte auch umzusetzen. Auf jeden Fall sollte ich mir selbst auch noch einmal vorlesen, was ich zu Beginn der letzten Jahres veröffentlicht habe. Eltern sein, Liebende bleiben – aber wie schaffe ich das bitte im Familienalltag?

Ich bin stolz auf das letzte Jahr und ich freue mich, dass wir uns auch im nächsten wieder weiterentwickeln werden. Ich bin ganz gespannt, was ich im kommenden Jahr an dieser Stelle schreibe.


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