Ganz vorsichtig wage ich ein kleines Zwischenfazit zu ziehen und das ist erstmal positiv, denn der kleine Bruder wurde weder ertränkt, noch gegen eine Katze eingetauscht. In der Schwangerschaft habe ich mir ja sehr viele Gedanken gemacht und war auch nicht 24/7 glücklich mit der Situation. Klar, jeder Ratgeber sagt dir die ersten drei Monaten einer Schwangerschaft sind es ein Gefühls Auf und Ab. Zukunftssorgen sind ein Thema. Bei mir war das schon mehr. Ich habe mir Sorgen gemacht, Sorgen um unsere schöne Familie. Würde wirklich alles noch schöner werden? Geht das überhaupt? Wir sind doch schon so glücklich mit unserer Kleinen. Das Glück wird doch nicht größer, je mehr Familienmitglieder da sind. Ich habe auch ernsthaft gedacht wie ich das unserer Kleinen überhaupt antun kann. Entthront zu werden. Mama und Papa nicht mehr ganz für sich allein. Dafür wäre sie mit ihren 2,5 doch noch viiiieeeel zu klein. Dass ich mir vorher sehr wohl ein Geschwister für Lütti und ein weiteres Kind für uns gewünscht hatte, war auf einmal weg. Überwogen hat oft die Sorge, dass es jetzt vielleicht nicht mehr so schön werden würde wie früher.
Die zweite Schwangerschaft war ganz, ganz anders als die erste. Und das lag neben vielen anderen Dingen auch daran, dass wir sie zu dritt erlebt haben. Lütti hat sich schon in der Schwangerschaft sehr intensiv mit ihrem Brüderchen auseinandergesetzt. Sie war so herzlich, hat den Bauch schon als richtige Person betrachtet und konnte es am Ende gar nicht mehr aushalten, bis IHR Bruder endlich da raus käme. Wenn bei mir im Alltag die Schwangerschaft manchmal fast ein wenig unterging, verteilte Lütti Guten-Morgen-Küsse an den Bauch oder sang auch mal vor.
Wie bereite ich mein Kind auf das Geschwisterkind vor?
Wir haben Lütti mit einigen Büchern auf die Geburt ihres Brüderchens vorbereitet. Hier meine Empfehlungen (Links sind amazon Affiliate Links) :
- Hallo Baby wann kommst du – wunderschön illustriertes Buch, auch schon was für ganz Kleine
- Hallo, kleiner Bruder – hilft unheimlich dabei Strategien zu entwickeln wie das große Geschwisterkind während Schwangerschaft und erster Zeit mit Baby nicht zu kurz kommt. War so auch für mich klasse.
- Hurra, mein Geschwisterchen – ist mit teilweise etwas schwierigen Texten in den Klappen, aber gerade auf Grund der Klappen bis heute eins von Lüttis Lieblingsbüchern
- Unser Baby – sehr anschaulich und deshalb meiner Meinung nach eher für ein Alter 3,5 oder 4 Jahre
Diese abends vorgelesen und ein bisschen was von der Zeit erzählt als sie noch ein Baby war, waren schöne, gemütliche Momente in der Schwangerschaft und haben bei uns allen die Vorfreude geschürt. Zu den Don’ts gehört auf jeden Fall den Namen mit dem Nachwuchs zu besprechen. Zumindest wenn es geheim bleiben soll. Unsere Namensalternativen wurden auch mit der gesamten Kindergarten-Gruppe besprochen…
Was mache ich mit dem Geschwisterkind bei der Geburt?
Und dann kam irgendwann der heiß ersehnte Tag. Besser gesagt die Nacht und das war für mich FAST die Idealvorstellung wie es losgehen sollte. Denn diesmal habe ich mir in erster Linie Gedanken darum gemacht wie unsere Tochter wohl den Tag der Geburt unseres Sohnes zubringt als um vieles andere. Wir hatten zwei Wochen vor und eine Woche nach ET alles organisiert. Wer Lütti wo abholen könnte, wer hier über Nacht bleiben könnte etc. pp. Da wir keine Familie in der Nähe haben, waren insgesamt 6 Personen (plus Kinder) in die Planung involviert. Baby CJ hielt sich natürlich an keinen Plan und kam pünktlich als wir nichts mehr organisiert hatten. Lütti hat unseren nächtlichen Aufbruch aber gar nicht mitbekommen, wurde morgens von einer guten Freundin in die Kita gebracht und am Nachmittag von Papa abgeholt um den neuen Bruder zu besuchen.
Was kann man dem Geschwisterkind zur Geburt schenken?
Ganz vorsichtig kam sie ins Krankenzimmer getapst, unheimlich aufgeregt und ziemlich schüchtern. Auf meinem Bett, mit dem Schmuselöwen in den Hand, den sie extra für CJ mitgebracht hatte, war dann aber alle Schüchternheit verflogen. Sie hat ihren kleinen Bruder gleich geherzt und gestreichelt. Der Bruder hat ihr natürlich auch was mitgebracht. Ein Schmusepferd (das hatte sie sich sogar von ihm ihm Bauch gewünscht) und einen Rucksack (weil sie ja jetzt große Schwester ist und das ist was nur für Große). Im Anschluss mein Abendessen vertilgt, versucht Baby CJ mit dem Salamibrot zu füttern und schubs, war der kleinen Bruder nicht mehr wegzudenken.
Gerade das finde ich wirklich erstaunlich. Sieht sie Bilder oder sprechen wir von der Vergangenheit fragt sie jetzt immer, wo ihr Bruder da war. Unvorstellbar für sie, dass er mal nicht da gewesen sein könnte.
Wie gehe ich mit den Geschwistern um? Stichwort Vertrauen
Wieder daheim mussten wir Eltern erstmal lernen zu vertrauen. Denn auf einmal ist unsere Kleine große Schwester und diesen Job nimmt sie sehr ernst. Baby CJ muss gehalten werden. Achtung, hier Kopf stützen nicht vergessen, denn wenn man oder beser Lütti abgelenkt ist, kann das schnell mal vergessen werden. Von Beginn an hat Lütti ihn ordentlich abgeknutscht. Natürlich mit kompletter Rotznase. Ich habe echt Schnappatmung bekommen. Nach Absprache mit der Hebamme und Kinderarzt haben wir abgewägt, dass ein kleiner Schnupfen besser ist als die große Geschwisterliebe im Keim zu ersticken.
Baby CJ ist auch schnell beliebtes Spielobjekt geworden. Am liebsten spielt er die Rolle “Patient” für Lüttis Arztkoffer.
Und der Kleine? Seine große Schwester ist seine persönliche Heldin. Es jauchzt immer auf, wenn sie mit ihm Späße macht. Denke ich, wenn sie ihn immer wieder extra erschreckt, “oh das arme Baby” kann es ihm gar nicht doll genug gehen. Er findet es spitzenklasse und er findet sie spitzenklasse und das von Beginn an. Unsere Hebamme hat uns dafür einen sehr schlüssigen Grund geliefert. Er kennt die Stimme seiner großen Schwester ja schon aus dem Bauch und wenn ich ihr in einem Recht geben muss: jaaaa, sie hat ihn wirklich schon 20 Wochen zugequasselt.
Und wie ist es für uns? Hand aufs Herz: Zwei sind schon eine ganze andere Nummer als ein Kind. Ich glaube wir haben zwei nicht extrem herausfordernde Fälle, allerdings gilt das im einzelnen. Zusammen muss man klar sagen, dass man schon immer was zu tun hat und in der ersten Zeit mit Kleinkind und Baby schon gut Unterstützung brauchen kann. Leider, und das habe ich auch schon von anderen gehört, gilt mal wohl fürs Umfeld beim zweiten Kind als Experte. Und Experten kommen ja meist ohne Zutun von anderen aus. Hier will ich mal mit diesem Irrglauben aufräumen: man braucht sogar noch sehr viel mehr Unterstützung als beim ersten Kind! Das hat einen einfachen Grund und der heißt: jedes Elternteil hat im Normalfall mit mindestens einem Kind zu tun. Sprich, dass einer mal das Baby hat und der andere hat frei, fällt meist aus, da auch das Geschwisterkind zum Zug kommen will.
Also, es ist extrem anstrengend UND extrem toll. Denn die beiden zusammen zu sehen ist einfach so schön, dass mein Herz fast überschwappt vor Liebe. Ja, und jetzt wird es sogar noch kitschiger (Ich heule auch schon wieder vor Rührung, während ich das hier schreibe); Denn wenn der Mensch, den du gemacht hast, der dich zur Mama gemacht hat, den du über alles liebst, für den du dich sofort vor ein Auto schmeissen würdest, diesem zweiten kleinen Menschen, der gerade erst in die Familie gekommen ist, aber schon einige Monate unter und in deinem Herzen ist, mit genau so einer großen, absoluten und unerschütterlichen Liebe begegnet, dann ist das einfach das allerschönste, was einem passieren kann.