Achtung, dieser Text kann Teile von Ironie enthalten!
Irgendwie bin ich wieder drin oder ich war auch noch nie raus. Eigentlich bin ich seit 8 Jahren nicht raus, aus diesem:
- “Wünschen die sich eigentlich kein Kind?”,
- “Wünschen die sich denn kein zweites Kind?”
- “Ihr wünscht euch aber nicht noch ein drittes Kind?”
- “Mehr als drei wollt ihr aber nicht, oder???”
Hast du kein Kind, musst du natürlich eins wollen – so lange, bis du keins mehr kriegen kannst.
Die Sache mit dem Kinderwunsch. Ist sie in den 20ern vielleicht nur ein bissel Thema, gibt es in den 30ern schwerlich noch ein anderes. Ist man so wahnsinnig und heiratet auch noch, dann geht der Druck schon viel früher los. Beim ersten Kind sind die Fragen noch recht offen. Ach was sage ich, sie sind ziemlich dreist. “Heiratet man, dann will man doch Kinder. Oder etwa nicht? Heiratet man noch kirchlich, dann steht das doch schon in der Bibel. Das ist doch der Zweck der Ehe. Oder etwa nicht?”
Frauen in solchen Situationen werden oft nicht mehr befördert. Übergangen, in Positionen und Gehältern. In den Köpfen ihres Umfelds wird eigentlich immer schon gerechnet, ab wann sie in Elternzeit gehen. Und wenn sie gar nicht in Elternzeit gehen? Dann müssen sie einen sehr langen Atem haben. Also so bis zur Menopause. Während Männer zwischen 30 und 40 beruflich durchstarten (können), müssen Frauen erstmal ihr unfruchtbares Alter abwarten, bevor sie karrieremäßig wieder richtig durchstarten können. Denn dann ist ja quasi die Gefahr gebannt.
Hast du eines, willst du natürlich ein zweites. Einzelkinder gehen schließlich gar nicht.
Hast du ein Kind, hört das auf? Sind dann alle Stimmen verstummt? Nein, in keinem Fall. Sie werden sogar lauter. Tuscheln die Leute beim – bzw. vor dem Ersten, wenn du also noch keine Kinder hast, immer schön hinter vorgehaltener Hand, “ob es denn vielleicht nicht klappt???”, sieht es beim Zweiten ganz anders aus: Die Fruchtbarkeit ist schließlich bewiesen und steht in Person vor einem, da kann es dann doch gleich mit dem zweiten losgehen. Zwei Kinder, das ist doch schließlich die Vorzeigefamilie. So soll das doch sein. Einzelkinder sind per se unsozial. Lernen nicht zu teilen und man kann diese Randgruppe vielleicht gerade eben sozial auffangen, wenn sie vielen Mannschaftssportarten nachgehen. Ihre Entwicklung ist ca. genauso gefährdet, wie die von Kaiserschnitt- oder Flaschenkindern – ok, nicht ganz so schlimm!
Egal, was ich sagen will: Ein zweites Kind MUSS man doch wollen! Alles andere geht ja fast nicht! Und bitte nicht mit zu großem Altersabstand. Ihr wisst schon, sonst wachsen die wie zwei Einzelkinder auf…
Also so ein drittes, das muss aber doch eigentlich nicht sein. Es sei denn…
Nach dem dritten Kind fragt eigentlich keiner. Ok, vielleicht noch die, die selbst drei Kinder haben. Nach zwei Kindern “seid ihr jetzt aber auch durch”, oder? Ein Drittes kriegt man eigentlich nicht. Die Vorzeigefamilie hat doch eigentlich auch nur zwei. Das passt in jedes Auto, Hotelzimmer, Ferienwohnung, ja sogar Reihenhaus. Mehr als zwei Kinder will man ja eigentlich nicht. Müssen also alles Unfälle sein, diese Dritten. Oder doch nicht? Es gibt wenige Gründe, die gesellschaftlich überzeugend zum Dritten führen. Vielleicht noch der Wunsch des Familienvorstands nach einem Stammhalter, oder der ewig Testosteron-geplagten Mutter nach einer zweiten Prinzessin. Du hast schon ein Mädchen und ein Jungen? Na, dann sind doch alle Wünsche erfüllt!
Drei plus X?
Nach der Ankunft von Nummer drei fragt dich dann keiner mehr nach mehr. Ziemlich sicher. Wahrscheinlich nicht mal mehr die mit ebenfalls drei Kindern. Du bist eh schon eine “kinderreiche Familie”. Zu deinem Familienvan gehört anscheinend automatisch der Aufkleber “Stillen bis zum Schulbus” und jegliche außerhäusigen Hobbys werden dir ohnehin abgesprochen. Du bist jetzt Großfamilie. Die Familie, bei der andere sagen: “Echt jetzt? Ihr seid 3 (oder 4 oder 5…) Kinder? KRASS!”
Lass die Leute reden!
An dieser Stelle kann ich eigentlich Schluss machen, denn ich bin genau eine von denen. Eine “Echt jetzt, du hast vier Schwestern?” Ja, ich habe “noch nicht mal noch ‘nen Bruder?”. Und ja, mein “armer Vater!”.
Aber es kommt noch krasser: Ich habe jahrelang kein Kind bekommen und das, OBWOHL ich schon verheiratet war. Und das zweite? Ist uns trotzdem zugeflogen. Also so eins von diesen ungeplanten. Und jetzt? Ich meine, ich habe ja ein Mädchen und einen Jungen, da kann doch auch mal Schluss sein.
Was ich damit sagen will? Jeder hat seine eigene Geschichte und die wenigsten davon sind irgendwie stringent. Wünsche können da sein oder eben nicht. Sie können sich auch ändern. Sich anpassen, neu ausrichten. Zu wünschen ist doch nur, dass jeder – mit keinem, einem, zwei, drei, vier oder mehr Kindern – glücklich ist. Wissen tun wir es aber nicht, denn nicht alle Wünsche werden erfüllt. Und das in beide Richtungen. Manche Kindern werden sehr gewünscht und kommen nicht. Andere werden nicht gewünscht und kommen trotzdem. Frei von Vorurteilen zu sein fällt schwer, denn jeder hat seine eigene Geschichte, die den Blick auf das Umfeld färbt.
Aber bei allem nicht vergessen, wir können nur vor den Kopf schauen. Nicht auf die Bäuche, denn die können gewünscht oder ungewünscht leer bleiben. Und schon gar nicht in die Köpfe, denn die Wünsche, die gehören nur einem selber.