Ist Fremdbetreuung eigentlich per se schlecht? Und sind arbeitende Mütter egoistisch?

Dieses Thema hat ja untern Müttern fast eine Brisanz wie das Stillen. Kinderbetreuung ja oder nein und wenn ja, ab welchem Alter? Interessanterweise führen diese Diskussionen meines Wissens nach nur Mütter. Interessant, denn eigentlich könnte, sobald ein Kind abgestillt ist, ja auch jeder Vater sagen: Jetzt bleibe ich aber mit dem Kind zuhause. Nein, es ist ein Mütterthema. Mütter nehmen sich diese Rolle.

Welcher Satz mich eigentlich beim Thema Kinderbetreuung am meisten ärgert:

Ja, wenn du arbeiten musst, dann muss das Kind ja in den Kindergarten

Dies besetzt beide Punkte doch gleich negativ. Ich wollte immer arbeiten. Gerne. Ich wollte mein Ding haben. Ja, ich wollte auch die Kinder. Sehr! Aber eben nicht nur noch. Ist das egoistisch? Enthalte ich meinen Kinder damit das Beste vor? Ihre Mutter 24/7? Nein, ich bin keine 24/7 Mutter. Dann wäre ich nicht glücklich und wenn ich nicht glücklich bin, wäre ich auch keine gute Mutter. Oder doch? Ist die gute Mutter die, die ausschließlich für ihre Kinder da ist?

Meine Kinder dürfen in den Kindergarten

Ich glaube, viele vergessen, in welch einer privilegierten Lage wir eigentlich leben. Ja, es könnte alles besser sein: Viel mehr Betreuungsplätze, mehr Über-Mittagplätze, Betreuungsplätze deutschlandweit kostenfrei. Auch wenn es noch an vielem fehlt, wir haben eine Menge und wir haben eine Menge Möglichkeiten. Unsere Kinder haben das Glück schon früh viel lernen zu können. Integriert zu werden in die Gesellschaft. Ihr Sozialverhalten zu bilden. Natürlich geschehen all diese Dinge auch in Familien. Jedoch bieten Familien nicht den Austausch und die Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen. Das Spiel mit anderen Kindern in der Gruppe. Das sich finden. Seinen Platz in der Gruppe finden. Kinder brauchen Kinder – das ist meine Meinung.

Kinder zu unabhängigen Menschen erziehen

Das ist mir wichtig. Dabei finde ich es auch wichtig, dass ich sowohl meiner Tochter als auch meinem Sohn kein geschlechterspezifisches Rollenbild vorlebe. Mir selbst ist Unabhängigkeit immer sehr wichtig gewesen. Das kommt bestimmt in vielen Teilen auch daher, dass sich meine Mutter immer voll auf die Kinder konzentriert hat, oder sagen wir es anders: Neben den Kindern keinen beruflichen Werdegang verfolgt hat. Das mag sich jetzt sehr hart anhören. Soll es gar nicht. Es waren bestimmt auch andere Zeiten. Aber Kinder bringen einen ja auch in eine Art Blase. Alles dreht sich um die Kinder: Die Freundschaften, die Freizeitgestaltung und dann? Dann werden die Kinder irgendwann unabhängig. Gott sei Dank, das sollen sie ja auch. Das beginnt übrigens nicht erst mit dem Auszug, sondern wenn sie selbst ihre Freunde treffen und selbst zu ihren Hobbies fahren können. Und die Eltern, respektive die Mütter, bleiben die dann zurück? Ich will nicht nur in der Kinderblase leben. Ich möchte auch beruflich dranbleiben. Bestimmt weniger als vor den Kindern, aber eben nicht gar nicht. Ich wünsche mir, das ich selbst ein so unabhängiger Mensch bin, der seinen Kindern Kraft geben kann selbst unabhängig zu werden.

Menschen, die meine Kinder wertvoll begleiten

Ich kann meinen Kindern das Wichtigste geben: Das ist bedingungslose Liebe. Die ist mir mit der Geburt mitgegeben worden. Was mir nicht mitgegeben worden ist, ist eine pädagogische Ausbildung. Und ok, es fehlt mir in vielen Punkten auch an Geduld und Ruhe. Ja, es gibt Gründe, warum ich auch nie eine pädagogische Ausbildung angestrebt habe. Aber man sagt ja ohnehin, dass Lehrer dann nicht unbedingt die besten Lehrer für ihre Kinder sind… Müssen sie auch nicht. Es gibt tolle Erzieher und Lehrer, die genug emotionalen Abstand zu meinen Kindern haben und ihnen mit viel Spaß und tollen Ideen schöne Dinge vermitteln. Ich bin immer wieder überrascht, was meine Kinder in der Kita so machen. Welche guten Ideen die Erzieher haben. Buchstaben sortieren, schon früh zählen und schreiben lernen (da wäre ich noch nicht mal drauf gekommen) und auch erstes englisch ist sogar dabei (gut auf unseren Reisen ;-))

Unser Kleiner kann jetzt schon Lieder singen und bis zehn zählen. Meine Tochter konnte sehr, sehr früh richtig gut sprechen. Die Kita macht Ausflüge zum Verkehrstheater, ins Miniaturwunderland, in den Wald oder gehen einfach mal einkaufen oder schauen sich an wie Maronen gebrannt werden. Es wird mit dem unterschiedlichsten Materialien gebastelt, Rollenspiele, Tanz und Musik und ja, es wird sich auch gestritten und wieder vertragen. Es kann also doch nicht alles schlecht sein, oder? Hätte ich das als Mutter sehr viel besser gekonnt? Allein, ohne die Unterstützung der Kita? Ich kann das in meinem Fall mit ‘Nein’ beantworten. Ein Programm wie in der Kita kann ich meinen Kindern nicht bieten. Da fehlt mir der Einfallsreichtum, die Geduld und die pädagogische Ausbildung.

Loslassen fällt schwer

Auch uns fällt das Abgeben von unseren Kindern manchmal schwer. Auch unsere Kinder haben Tage, an denen sie nicht in den Kindergarten möchten und auch ich genieße Tage, an denen wir einfach frei machen. Nix machen, nur so unser Ding. Ich weiß aber auch, das dies einfach toll ist, weil es etwas Besonderes ist, das wir nicht jeden Tag haben. Wir machen mindestens einen Tag die Woche frei. Dann nehmen wir uns was Schönes vor wie Schlitten fahren, Ponyreiten oder den ganzen Tag an den Elbstrand. Oder wir gammeln mal den ganzen Tag ab. Das ist schön. Wenn wir das jeden Tag hätten, würden mir und meinen Kindern aber die Decke auf den Kopf fallen.

Vielleicht ist dieser Beitrag an der ein oder anderen Stelle etwa holprig. Das liegt wohl daran, dass mir das Thema etwas schwer fällt. Einfach weil ich weiß, dass ich bestimmt mit Gegenwind zu rechnen habe. Es geht mir nicht darum, andere Wege zu verurteilen, ich möchte aber auch nicht, dass Kinderbetreuung verurteilt wird.


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