Es tut richtig weh

körperlich meine ich. So als boxt mir jemand in den Magen, als wird mir schlecht. Die Übelkeit steigt auf und mir wird heiß. Dazu habe ich einen Klos im Hals. Bin ich krank? Ein bisschen vielleicht. Es ist so ein Gefühl, kein gutes.

Das Gefühl kannte ich gar nicht, das kenne ich erst seit drei Jahren. Eigentlich genau genommen, als ich zum ersten Mal über Nacht ohne meine Tochter unterwegs war: es ist das Vermissen. Körperliches Vermissen. Richtig schlimmes Vermissen. Vermissen, das sich anfühlt als wäre man krank, ganz krank.

Das erste Mal krank vor Vermissen bin ich geworden, als unsere Tochter woanders übernachtet hat. Wir auch, im Hotel. Wir sind losgefahren und ich habe im Auto geweint. Ehrlich gesagt schießen heute noch die Tränen ein, wenn ich daran denke. Das erste Mal mein Baby los lassen ist mir extrem schwer gefallen. Natürlich habe ich mir tausend Dinge einfallen lassen, was alles passieren könnte. Mein Mann hat mich für leicht wahnsinnig gehalten, als ich darauf bestanden habe, er soll nochmal anrufen, ob die auch die Telefonnummer der Giftnotrufzentrale haben. Als wir abends ausgingen, ging’s dann. Es war schön, es war sogar sehr schön. Nur nach dem Aufwachen um 7:00 Uhr (innere Uhr und so, ihr wisst schon) habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ich wäre am liebsten ohne Frühstück aus dem Hotel geflüchtet, ich hätte eh nichts runtergekriegt. Sofort zu meinem Kind, habe ich nur gedacht. Es tat schon richtig weh, das Vermissen. Der Mann bestand auf Frühstück und ich bin im Anschluss losgebraust wie eine Irre. Das Kind wieder in den Armen zu halten war sofortige Medizin.

Die zweite und bislang auch längste Trennung von meiner Tochter war ein verlängertes Wochenende mit meiner Schwester auf Mallorca – von Donnerstag bis Montag. Am Sonntag war mir richtig schlecht, am liebsten hätte ich mich direkt nach Hause gebeamt. Es ging einfach nicht mehr. Jede Zelle meines Körpers schrie nach meinem Kind.

Und nun, wird das besser mit der Zeit? Wird das weniger, wenn man zwei Kinder hat? Morgen fahre ich mit meiner Tochter für eine Nacht zwei Freundinnen besuchen. Mädelszeit. Exklusive Zeit mit meiner Tochter. Ich bringe meinen Sohn morgen früh zur Kita und hole ihn übermorgen Mittag wieder ab. Das sind 1,5 Tage, 30 Stunden oder 1.800 Minuten. Das flaue Gefühl im Bauch hat gestern Abend angefangen. Heute will ich ihn viel in die Trage nehmen, ihn aufsaugen, seine Nähe spüren, ihn ganz nah bei mir haben. Gestern habe ich ihn direkt ins große Bett geholt, ich denke heute Nacht auch.

Es geht irgendwie und wenn wir morgen los sind, dann weiß ich, dass meine Tochter und ich eine tolle Zeit haben werden. Ganz viel Spaß. Ich weiß aber auch, dass ich übermorgen irgendwann ganz, ganz schnell nach Hause will. Zu meinem Baby.

Kinder verändern einen? Ja, sehr sogar. Man wünscht sich soooo oft mal ohne sie zu sein und ist man es dann, setzt schon kurze Zeit später ein Vermissen ein, welches man vorher nie gekannt hat.


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