‘Ich habe selbst eine kleine Tochter, kann andere Kinder trotzdem nicht leiden’ – kinderfreundliches Deutschland?

Neulich gab es bei mir auf dem Blog einen SEHR HEISS DISKUTIERTEN Artikel. Manch einer mag sich gewundert haben, dass ich mich nicht auf die einzelne Kommentare gemeldet habe, wie ich das sonst im Normalfall versuche. Andere haben sich gewundert, warum ich nicht viele der unzähligen Kommentare gelöscht habe.
Alle diese Kommentare bleiben mehr oder minder bei der Sache – die, die es nicht taten, habe ich gelöscht. Die bezogen sich aber auf meine Person und das Weltgeschehen an sich und nicht auf den Inhalt des Blogartikels.

Der Artikel stellt eine einzelne Meinung dar und ein subjektives Erleben einer einzelnen Situation – die vielen Kommentare repräsentieren aber viele Meinungen verschiedener Individuen der Gesellschaft. Vorwiegend Eltern. Und die haben nicht etwa eine gemeinsame Meinung, nein. Ich würde sagen, es hält sich sehr die Waage. Die “schönsten” habe ich euch hier einmal zusammengestellt. Diese geben den Tenor ganz gut wieder.

Ich kann deinen Jammerpost echt nicht verstehen. Du hast kein Recht mit Baby oder Kleinkind in der ersten Reihe zu sitzen, sondern ein Goodwill der Fluggesellschaft.
Eltern denken die Welt dreht sich nur um sie sind auch schrecklich.
Und ja, ich habe selbst kleine Kinder und fliege öfter und sitze meist irgendwo. Also hör auf zu heulen bitte.

oder:

Wenn du deinen Kindern Langstreckenflüge zumutest, dann bitte auch mit allen Konsequenzen. Ich habe selber auch eine kleine Tochter und kann andere Kinder trotzdem nicht leiden und könnte regelmäßig in Flugzeugen kotzen, wenn ich wieder sehe, wie ein Kind leiden muss, nur weil sich die Eltern etwas beweisen müssen, wie zum Beispiel, dass sie genauso jung und cool sind, wie zu kinderlosen Zeiten. Ich würde meinen Platz auch nicht räumen, nur weil es jemand nicht geschafft hat, seinen Platz vorher online zu reservieren.

Aber es gab auch die andere Hälfte:

Wow!! Da hat sich ja weder die Airline noch die erste Reihe mit Ruhm bekleckert. Das ist echt unfassbar und ich kann mir gut vorstellen, dass dies kein Einzelfall ist. Ich habe selbst schon öfter erlebt wie kinderunfreundlich die Menschen sind und keinen interessiert es. Das Personal sagt es könne nichts machen obwohl sie sehr wohl können! Normalerweise sollte aber auch jeder der einen gesunden Menschenverstand hat und ein Herz am rechten Fleck verstehen dass man einer Familie mit Baby diese Plätze in der ersten Reihe gewährt. Deine Traurigkeit und Wut kann ich gut verstehen aber es ist keine Minute wert sich über solche -wie sagtest Du so treffend- Sozialversager zu ärgern.

oder:

Das macht mich nur vom Lesen schon wütend. Das ist für mich unverständlich, auch wir haben es schon erlebt (damals mit meinem Neffen), dass die Sitzplätze angeblich für Babies reserviert waren, tatsächlich aber nur Erwachsene in der ersten Reihe saßen. Zu unserem Glück hatte die Stewardess ziemliche Überzeugungskraft und die Herren ein Herz.

Und einer beschreibt das Verhalten unserer Gesellschaft einfach sehr treffend:

Das Verhalten der anderen Fluggäste ist total menschlich. Menschen sind so. Schon immer gewesen, wird auch immer so bleiben. Einer von den drei hat sich vielleicht sogar gefreut, Euch eins auszuwischen. Diese furchtbaren Eltern schleppen ihr Nervenbündel ins Flugzeug und stören MEINEN ruhigen Flug. [….] Menschen sind doch so. Wieso denn Rücksicht? Mir geht’s doch gut, fertig. Ich hab vielleicht sogar extra für den Sitz bezahlt. Warum soll ich da aufstehen? Wenn Dir das nicht schon an 1.000 anderen Stellen begegnet ist, dann hast Du bisher einfach echt Glück gehabt.

Ja, ich habe wohl bisher Glück gehabt das mir so etwas nicht passiert ist. Kleinere Kinderunfreundlichkeiten erlebe ich auch oft. Kinderfeindlichkeiten eher weniger. Aber gerade das Feedback auf meinen Blogpost zeigt mir einmal mehr: wir sind leider kein kinderfreundliches Land. Dies mag die Politik nicht ändern durch Betreuungsplätze oder ähnliches, dass fängt bei uns selbst an. Das beginnt bei reiner Aufmerksamkeit und hört auf, wenn wir wirklich mal aus unserer Komfortzone kommen müssen. Mal selbst was abgeben müssen für andere.

  • einfach mal Eltern mit Kinderwagen die Tür aufhalten
  • im Bus jemanden mit Baby in der Trage den Platz räumen
  • einen verständnisvollen Blick den Eltern gegenüber, wenn das Baby gerade Zeter und Mordio weint
  • eine Einladung zum Abendessen auf 17:30 Uhr anstatt auf 19:30 Uhr legen
  • mal eine Stunde länger bei der Arbeit bleiben, weil das Kind des Kollegen krank geworden ist
  • oder im Flieger Platz in der ersten Reihe machen
  • oder, oder, oder

Ehrlich gesagt würde ich für mein Empfinden sagen, dass wir so etwas zumindest unter Eltern ungefragt machen sollten. Denn wir, wir kennen diese Situationen. Wir sollten Verständnis füreinander haben und uns nicht gegenseitig aburteilen. Ich muss nicht alles gut finden, was andere machen. Ich muss nicht auch mit meinen Kindern in Restaurant gehen, ich muss nicht auch mit meinen Kleinkindern 10 Stunden im Auto sitzen oder 18 in einem Flugzeug. Ich darf es aber nicht verurteilen. (Ich tue übrigens all diese Dinge – ich Rabenmutter!)

Jeder geht als Eltern seinen individuellen Weg, trifft seine Entscheidungen für seine Kinder. Die Schnittmenge liegt bei allen in der Elternschaft und in dieser wünsche ich mir, dass wir alle mehr für allgemeine Kinderfreundlichkeit einstehen.


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