Angst darf uns nicht bestimmen – Kindern Grenzen setzen und dabei loslassen können

Angst, nie dagewesene Angst, ich glaube, die kennen alle Eltern. Angst um das eigene Kind ist eines der stärksten Gefühle, das man haben kann. Ein Gefühl, das körperlich unheimlich stark ist. Das einen heiß und kalt werden lässt, dass einem die Tränen in die Augen steigen und man fast brechen möchte. Blanke Angst.

Ängste sind völlig unterschiedlich. Manche Eltern haben die größte Angst vor Verkehrsunfällen, andere Angst, dass beim Spielen ein Unfall passiert. Wieder andere vielleicht vor Ertrinken und bestimmt auch nicht wenige vor Entführungen. Ja, Ängste von Eltern sind unterschiedlich, aber doch immer am Ende gleich: das Gefühl, dass es das Allerschlimmste ist, was passieren könnte, wenn unserem Nachwuchs etwas zu stößt.

Meine schlimmste Angst war und ist immer das Ertrinken gewesen. Ich kann sagen, ich werde drei Kreuze machen, wenn meine Kinder schwimmen können. Weniger Angst hatte ich bisher davor, die Kinder könnten geklaut werden. Bis neulich mein Mann ziemlich außer sich ins Haus gerannt kam und sagte, ich sollte Lütti überall im Haus suchen, sie sei weg! Wer meinem Mann kennt, der weiß, er neigt nicht unbedingt zu Gefühlsausbrüchen und da er fast schrie und sagte, er würde sich sofort aufs Fahrrad setzen und sie im Viertel suchen, ergriff mich die Angst. Die blanke Angst. Ich rannte durchs Haus, rief immer wieder ihren Namen und dass sie doch raus kommen solle, wenn sie sich versteckt hätte. Nichts.

Dann nahm ich ihren kleinen Bruder auf den Arm und rannte raus. Richtung Feld. Ich schrie immer wieder ihren Namen, ihr kleiner Bruder mittlerweile auch. Er merkte natürlich auch, dass etwas nicht stimmte und so rief er immer wieder laut den Namen seiner Schwester. Am Nachmittag hatte sie noch zu mir gesagt, da war ein Mann an der Garage. Ein Mann, den sie nicht kannte. Sie sagte sie hätte Hallo gesagt, aber es hätte ja auch ein Dieb sein können.

Jetzt gingen mir natürlich all diese Gedanken durch den Kopf. Ist also doch der für mich unwahrscheinlichste Fall eingetreten und meine Tochter wurde geklaut? Was ist, wenn sie wirklich weg ist? Wo ist sie denn nur zur Hölle!!!

Und dann stand sie da wieder. Wie aus dem Nichts. Gleich darauf kam der Mann angeradelt. Viel schimpfen, viele Tränen.
Sie war bei den Nachbarn. Hatte nicht gefragt, weil sie dachte, wir würden es nicht mehr erlauben, weil es schon so spät war. Sie sagte, wir müssten doch wissen, dass sie niemals weglaufen würde.

Was weglaufen eigentlich heißt, das weiß ein vierjähriges Kind natürlich noch gar nicht. Auch kann sie unsere Sorge nicht begreifen. Unsere Ängste. Bisher waren unsere zwei Kinder immer unter unseren Augen. In der Stadt auch oft nicht anders möglich. Ich habe mir für meine Kinder immer ein Stück Freiheit gewünscht. Dass sie ihre Kindheit auch mal allein entdecken können. Unbeobachtet, nicht unter den Augen von Erwachsenen.

Nun wären die Rahmenbedingungen dafür da. Ein ruhiges Umfeld mit viel Grün, Natur und anderen Kindern. Nun heißt es für uns als Eltern klare Grenzen setzen und Absprachen mit den Kindern treffen. Bis wohin dürfen sie gehen? Wann müssen sie fragen? Wohin dürfen sie nicht? Wann müssen sie Bescheid sagen?

Es muss Regeln geben und klare Grenzen. In diesen Grenzen müssen sich die Kinder aber auch bewegen dürfen. Und so wie die Kinder die Regeln und Grenzen lernen müssen, müssen wir Eltern lernen mit unserer Angst umzugehen. Ein bisschen loszulassen und dann ein bisschen mehr. Das geht nicht von heute auf morgen, das wächst genau wie unsere Kinder.

Ob die Angst weg geht? Das glaube ich nicht. Ich glaube die bleibt, wenn sie auch anders wird. Unser Nachbarsjunge ist Teenie und geht auf erste Partys. Seine Mutter hat mir erzählt, dass sie da richtig Angst hat. Wenn ich so daran denke, sähe ich mich heimlich im Auto vor der Partylocation warten. Nur so zur Sicherheit.

Zur Angst muss also auch Vertrauen kommen.Vertrauen in die eigenen Kinder. Ich glaube also, es ist noch ein weiter Weg mit dem loslassen können, aber irgendwann muss man wohl anfangen – sonst sitze ich später wirklich noch irgendwo des Nachts im Auto. Nur zufällig, ich denke, ihr versteht, was ich meine ;-) 


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